Altstadt Recklinghausen: Alternativen denken!

Da ärgere ich mich doch schon häufig, wenn ich unsere Altstadt in Recklinghausen besuche. Wie war das noch, als der Rat der Stadt Anfang der 1980er Jahre mit Erhaltungs-, Gestaltungs- und Denkmalschutzsatzung dem Betonbau und dem Abbruchhammer ein Ende setzte. Es galt die Altstadt, einem wesentlichen Markenkern Recklinghausens,  nicht nur vor Betonbauten, sondern auch vor Betonköpfen bei Investoren und in den städtischen Ausschüssen zu schützen.

Keine leichte Arbeit. Auch beim Thema Rathausvorplatz, dessen Neugestaltung einige konservative Politiker der Stadt unbedingt verhindern wollten. Schließlich entwickelte sich eine herzliche und liebenswerte Altstadt – ein Herzstück im nördlichen Ruhrgebiet und ein Identifikationspunkt für viele Recklinghäuser.  Inzwischen schmerzt es mich, wenn ich die vielen Fehlentwicklungen, Dreckecken und Leerstände in der Altstadt sehe.

Und mit dem neuen Beton für das Palais Vest wurden wohl auch wieder eine Reihe von Betonköpfen reaktiviert. So wurde sehr viel getan um den Markenkern unserer Stadt zu deformieren. Aufschrei, Gegenwehr, Alternativen in städtischen Gremien – offensichtlich Fehlanzeige. Eine wirkliche Opposition in Sachen Innenstadtentwicklung, die Alternativen aufzeigt,  scheint es wohl nicht zu geben. Oder doch? Wohl nicht in den Parteien – aber doch in einer nachdenklichen Bürgerschaft. Der kritische Diskurs in der Lokalpresse zum Palais Vest macht das nämlich deutlich.

 

 

Deutlich wird es auch durch den Leserbrief des Sprechers „Fachforum Stadtentwicklung in der Lokalen Agenda 21“, Herrn Ewald Zmarsly. Die Lokale Agenda 21 ist ein Gremium, das der Stadtrat bzw. der Umweltausschuss 1999 zur Beratung und Unterstützung der Stadt beschlossen hat. Das Fachforum gab Rat und Beratung zum Thema Nutzung und Gestaltung des ehemaligen Löhrhofs, einschließlich der Nutzung und Gestaltung der Fläche Löhrhof II. Ewald Zmarsly schreibt,  diese Fläche „hätte man als Freifläche mit Grün und Wasser zum Entspannen gestalten sollen“. Offensichtlich zählen die Berater und Beratergremien nur etwas für die Galerie. Gehört hat man darauf weder im Rat, noch in der Verwaltung. Auch nicht in Ewald Zmarsly’s Sozialdemokratischer Partei, die ja im Stadtrat für die Opposition und entsprechende Alternativen zuständig ist. Nicht alle bürgerschaftlichen Vorschläge  sind sicherlich umsetzbar. Aber sie sollten ernsthaft hinterfragt und weitestgehend umgesetzt werden. Das haben die engagierten Mitmenschen verdient.

Beim Palais Vest ist „der Drops gelutscht.“ Aber man sollte dafür sorgen, dass der Dominoeffekt:  Palais Vest,  C&A Umzug,  Karstadt-Schließung u.a. nicht weiteren Schaden anrichtet. Man liest zum Beispiel von interessanten Perspektiven für das ehemalige Karstadt – Haus. Ob sie so kommen? Ob diese Gedanken zu Ende gedacht sind? Der Vorschlag der Lokalen Agenda ist dabei doch wirklich bedenkenswert: „Kultur, Kreativität und Kommunikation“. Ach ja, die Bücherei wird ja schon in dem, von einem Recklinghäuser Investor erstandenen,  ehemaligen C & A – Gebäude untergebracht.  Und die Idee,  das Karstadt-Dach wieder als Café zu nutzen, setzt Kreativität für weitere Ideen frei. Aber sicher gibt es weitere Möglichkeiten über die mal intensiv nachgedacht werden sollte – mit engagierten Bürgen und bürgerschaftlichen Gruppen.

Was fehlt ist allerdings eine umfassende Altstadt-Konzeption – ämter- und themenübergreifend. Was fehlt ist die Abkehr von der lähmenden Opfermentalität: „Das ist woanders auch so, das Kaufverhalten hat sich geändert und die Eigentümer und Ladenbesitzer machen nicht mit.“ Heraus aus dieser Komfortzone.  Es fehlt, dass Politik und Verwaltung für das Herz unserer Stadt ihr „Herz in die Hand nehmen“ und die Altstadt zum zentralen Thema machen. Ansonsten bekommt Recklinghausen erhebliche Rhythmusstörungen.

-mundus-