Opfertagebuch 10.11.2021: Wie man Flüchtlinge gegen Europa in Stellung bringt.

Opfertagebuch 10.11.2021:                             Wie man Flüchtlinge gegen Europa in Stellung bringt.

Wenn ich an Flüchtlinge denke, dann liegt mir der Opferbegriff doch sehr nahe. Da geht es nämlich um Opfer von politischer, religiöser oder sonstiger Verfolgung, um Opfer von Kriegswirren, Hunger- und  Umweltkatastrophen.  Und Opfer aktivieren bei uns nicht ohne Grund die in uns steckenden Helferenergien und Solidaritätsgefühle. Variiere ich allerdings die Ursachen für die Flucht und bringe den Wunsch nach einem besseren Leben in Europa ins Spiel, dann deckt eine solche gewünschte Perspektive den hinlänglich bekannten passiven Opferbegriff nicht mehr ab. Es handelt sich dann um Flüchtlinge, die als virtuelle Opfer,  ein durch Erzählung, Animation oder Medien geschaffenes Narrativ zum Maßstab für ihr Opferschicksal machen. 

Während die Hilfe für die beschriebenen passiven Opfer weitgehend unwidersprochen gewährt wird, erfährt man bei den erwähnten virtuellen Opfern oft erheblichen Widerspruch. Dieses ist naheliegend, weil wir in den entwickelten Industrieländern, mit relativ hohem sozialen Standard, nicht alle Zuwanderungswillige, die sich als Opfer fühlen, aufnehmen können. Hierfür muss es ein geregeltes und ökonomisch wie sozial vertretbareres Zuwanderungsverfahren geben.  In der öffentlichen Diskussion werden die beiden  o.g. Opfergruppen allerdings weitgehend vermischt und nicht selten auch bewusst verwechselt.  Es gilt insbesondere in Deutschland die Devise, wer Flüchtling  ist, der ist auch passives Opfer und der hat auch Anspruch auf gesellschaftliche Hilfestellung in Deutschland.

Und genau diese undifferenzierte Sicht der Dinge instrumentalisieren Machthaber,  wie der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko, für eine hybride Kriegsführung gegen Europa und den Westen. Sie füttern das oben beschriebene Narrativ eines möglichen und verträglicheren Lebens  in Europa und schaffen somit virtuelle Opfer. Sie bieten sich, wie Schlepper und Schleuser, als Heiler dieser Opfereigenschaft an und organisieren einen Transit in die EU. Noch perfider wird der Vorgang dadurch, dass Lukaschenko diese  so illusionierten Menschen als hybride Werkzeuge seines Machterhalts und zum Kampf gegen den verhassten Westen ( „..ihr Bastarde, Wahnsinnige..“) nutzt.

Wer in dieser Situation die Lage nicht dezidiert entschlüsselt und sein Handeln ncht im Sinne einer Verantwortungsethik entwickelt, der erreicht dreierlei: Zunächst signalisiert er an Lukaschenko und an seine politischen Seelenverwandten, dass derartige Strategien greifen und hybride Kriegsführungen und Erpressungen in Europa erfolgreich sind. Außerdem bestätigt er in Richtung der Herkunftsländer die Wirksamkeit einer entwickelten virtuellen Opfereigenschaft. Er schafft dadurch neue Anreize und opferbildende Narrative. Mehr noch, es behindert oder verschüttet andere notwendige und wirksame Hilfsmöglichkeiten für die Menschen, die eine Verbesserung  ihrer sozialen Lage erreichen wollen. Wie Maßnahmen für geregelte Aufnahmeverfahren und aufbauende Hilfen in den Herkunftsländern.

An diesen Erkenntnissen muss sich das konkrete Handeln der Europäischen Union oder auch Deutschlands orientieren. Das mag sich bei einzelnen Maßnahmen als inhuman zeigen und bedarf entsprechender begleitender Hilfen für die unschuldig in diese Situation geratenen Menschen. Klarheit und  Konsequenz sind aber letztlich notwendig, damit den wirklichen Opfern von zunehmenden Kriegswirren, Terror und Verfolgung auch zukünftig nachhaltig geholfen werden kann.