Opfertagebuch 23.04.2021 – Schauspieler gegen Corona-Politik-#allesdichtmachen

Opfertagebuch 23.04.2021 – Schauspieler gegen Corona-Politik-#allesdichtmachen

Freitag, 23.04.21

Gerade kam die Meldung über den Ticker, dass eine Gruppe von 50  deutschen Schauspielern um Ulrich Tukur, Jan Josef Liefers oder Volker Bruch die Corona-Politik der Regierung auf ironische Weise kommentiert hat. So erklärt Martin Brambach. „Ich bin ein eher unsicherer Mensch und brauche klare Regeln. Und es tut mir gut, wenn ich andere darauf hinweisen kann, was sie falsch machen“. Heike Makatsch trägt vor: „Ich mach mir große Sorgen, dass es da draußen egoistische Leute gibt, die aufmachen wollen.“  Jan Josef Liefers macht eine Ansage an die Medien: „Danke an die Medien unseres Landes, die seit über einem Jahr dafür sorgen, dass der Alarm dahin kommt, wo er hingehört. Nämlich ganz, ganz oben.“

Schauspieler haben natürlich allen Grund ihre Situation in der Pandemie zu beklagen. Sie leben nun einmal zum großen Teil von Engagements in den Theatern unserer Republik. Diese sind  seit über einem Jahr geschlossen. Schauspieler  sind also, wie andere,  die indirekten Opfer der Pandemie. Quasi ein Kollateralschaden der Pandemiebekämpfung. Jemand der direkt oder indirekt von einer Katastrophe, wie der Corona-Pandemie betroffen ist, der hat Anspruch auf Respekt, Zuwendung, Solidarität und auch auf wirksame staatliche Maßnahmen.  Die satirisch gestalteten Hilferufe sind deshalb durchaus nachvollziehbar und verständlich.  Natürlich war es zu erwarten, dass,  im Stile von Cancel Culture,  die hier um Hilfe rufenden Personen in die Querdenker-Ecke gestellt werden.  Eine solche Zuordnung ist sicher unangebracht, war aber absehbar.

Allerdings bleibt auch  nach dem  verständnisvollen Blick auf die satirisch gemeinte Aktion  der Akteure ein fader Beigeschmack. Die frech heruntergesprochenen Sätze lassen die originären Opfer dieser Pandemie, Menschen die um ihre Gesundheit und ihr Leben kämpfen und deren Angehörige, zu gefühlten Mitverursachern des gegenwärtigen Schauspielerschicksals werden. Das kann einer Gesellschaft nicht gut tun. Man erkennt: An dieser Phase der Pandemie tobt  eine wachsende Opferkonkurrenz. Eine Konkurrenz in einer Gesellschaft, die sich sonst mitmenschlich und solidarisch gibt. Offensichtlich ist sie es nicht. Hinter der beherzten „Hallo – Wir „- Aktion der Mimen verbirgt sich eine handfesete Werteauseinandersetzung.  Mit der Aktion der Schauspielerinnen und Schauspieler wird das zweifelsohne schwere Schicksal eines Berufszweiges,  gewollt oder ungewollt,  vor das Recht auf körperliche Unversehrtheit von Betroffenen und Gefährdeten gestellt.  Eine durchaus nachvollziehbare Kritik am Pandemie-Managment der Regierenden sollte am Anfang einer solchen Aktion das Mitgefühl mit den Betroffenen ins Zentrum rücken. Ein solcher Ansatz würde es dann auch leichter machen sich von der Querdenkerbewegung und den sich dort beteiligenden Rechtsradikalen, Rechtspopulisten,  Esoterikern, generellen Staatsskeptikern, Verschwörungstheoretikern bis hin zu Reichsbürgern abzugrenzen.

Aufmerksam machen auf die eigene Not, das ist manchmal sehr nötig. Über das Schicksal von inzwischen 80.000 Toten, vielen Erkrankten, Langzeiterkrankten und deren Angehörigen satirisch unbeachtet hinwegzugehen, das ist allerdings herzenskalte Satire. Gerade den Mimen sollte doch klar sein, dass sie als Vorbilder wirken und dadurch nicht selten zu Abziehbildern gesellschaftlichen Handelns und Beispiele sozialer Werte werden. Eine so ausgelöste und sich perpetuierende Opferkonkurrenz kann nicht erstrebenswert sein, sie ist brandgefährlich.