Clan-Kriminalität und die Häutung der Grünen

Clan-Kriminalität und die Häutung der Grünen

Eigentlich zeigte sich die Häutung der Grünen schon während der Corona-Pandemie. Der Gesundheitspolitiker Dr. Janosch Dahmen befand sich mit dem amtierenden Gesundheitsminister und mit Karl Lauterbach in einem steten Wettbewerb um die strengeren Regeln. Eine Partei, bei der man eigentlich einen Hang zur Liberalität vermuteten konnte, zeigte sich im heraufziehenden Bundestagswahlkampf nicht nur staatstragend, sondern durchaus in der Lage bürgerliche Freiheitsrechte rigoros zu beschneiden.

Eine weitere Häutung des programmatischen Mäntelchens erfolgte mit dem beginnenden Angriffskrieg Putins auf die Ukraine. Manch einer rieb sich ob der vielfach auch martialischen Rhetorik, doch verwundert die Augen. Eine Friedenspartei, die bislang keine Gelegenheit ausgelassen hat, militärische Optionen zu kritisieren, das Primat des Verhandelns zu preisen und Waffenlieferung, gleich welcher Art zu verdammen, entpuppte sich zur uneingeschränkten Unterstützerin der ukrainischen Verteidigungsoptionen. Zunächst Robert Habeck, dann Annalena Baerbock, danach die ganze Grüne Fraktion. Sie alle forderten eine schnelle und massive Waffenlieferung an die Ukraine. Die Außenministerin wähnte sich für eine kurze Zeit im Krieg mit Russland, bevor sie dieses verrutschte Zitat korrigierte. Allerdings lässt Siegmund Freud hier grüßen.

Nicht nur viele Wählerinnen und Wähler rieben sich verdutzt die Augen. Für einen großen Teil der Parteimitglieder mussten diese Häutungen wohl schwer verdaulich gewesen sein. Gleichwohl standen sowohl Fraktion und Partei hinter diesem Paradigmenwechsel. Humanität und Menschenrechte konnten und sollten so nicht abstrakt, vielmehr aus einer Opferperspektive vertreten werden.

Nun kommt eine neue Herausforderung auf die Grünen zu. Die sozialdemokratische Innenministerin Nancy Faeser will mit gezielten Maßnahmen gegen die Clan-Kriminalität vorgehen. Dabei hat sie nicht nur die jeweiligen Täter im Blick, vielmehr auch ihre in Kriminalität verbandelten Familien-Clan-Angehörigen. Ihnen allen droht nach Faesers Vorstellung die Ausweisung. Der jetzt einsetzende Reflex erinnert an alte grüne Oppositionszeiten. Faesers Vorschläge stoßen bei den Grünen auf Ablehnung. Deren parlamentarische Geschäftsführerin Irena Mihalic sieht das so: „Dabei ist klar, dass außerhalb des Rechtsstaats stehende Regelungen für uns Grüne niemals zur Debatte stehen.“ Das gelte auch für Maßnahmen, „die nicht strafrechtlich verurteilte Verwandte von Kriminellen genauso behandeln wie Kriminelle“. Die deutsche Geschichte „mahnt uns, dass Rechtsstaatlichkeit die eigentliche Brandmauer des Rechtsstaates ist“.

Eine Brandmauer also gegen eine zu rabiate Haltung gegenüber organisierten Clan-Kriminellen, die unseren Rechtsstaat ständig missachten und die unsere Demokratie lächerlich machen. Deren Rechtssystem aus familiären Regeln besteht, die für sie über unseren Gesetzen stehen. Nicht zuletzt durch das Wirken des NW-Innenministers und Christdemokraten Herbert Reul ist deren Kriminalität stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Es wird in der Öffentlichkeit kaum nachzuvollziehen sein, dass sich eine Partei zwar in der Friedenspolitik aus der bisherigen Gesinnungsethik verabschiedet, beim Schutz der einheimischen Bevölkerung allerdings das Postulat der Rechtsstaatlichkeit für Clan-Kriminelle zum Selbstzweck erhebt. Wer in dem bereits bekannten Ausmaß unserem Land und seinen Menschen schadet und dazu noch durch ihr Handeln hier friedlich und gesetzestreu lebende Migranten stigmatisiert, der muss mit allen uns zur Verfügung stehenden, rechtsstaatlich vertretbaren Mitteln zur Rechenschaft gezogen werden. Und dazu gehört in erster Linie auch die schnellstmögliche Entfernung aus unserem Land. Die Frage ist, wie lange es dauert, bis die Grünen auch hier in der Realität angekommen sind.

Ein ähnliches Politikfeld bietet auch das Thema Migration und Integration. Das in der Grünen Partei so gerne vertretene Prinzip der offenen Grenzen, einer liberalen Haltung in der Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik, wird von der großen Mehrheit der Bevölkerung nicht goutiert. Einzelne grüne Politiker, nicht nur Boris Palmer, haben die Unzumutbarkeit eines derartigen Politikansatzes bereits erkannt. Auch hier wird abzuwarten sein, wann die grüne migrationspolitische Zeitenwende eintritt. Die bisherigen grünen Anpassungen an die Realität lassen da hoffen.