Kurz vor Weihnachten: Hilfe für Flüchtlingskinder auf Lesbos

Kurz vor Weihnachten: Hilfe für Flüchtlingskinder auf Lesbos
 
Bei so viel Humanität und Gesinnungsethik. Bei dieser Lage und diesen Bildern. Bei offensichtlich leidenden Kindern. So kurz vor Weihnachten. Jetzt kritische Bemerkungen zum Vorstoß von Robert Habeck zur Aufnahme von Flüchtlingskindern aus den Lagern in Griechenland zu machen, das schüttelt doch zutiefst. Warum? Weil man das Leid ja fast greifen kann. Weil man die Not der Menschen in den überfüllten Lagern fast spüren kann. Insbesondere dann, wenn man derartige Lager im Libanon und in Griechenland selbst erfahren konnte. Ich will den kritischen Blick trotzdem wagen.

Um es vorweg zu sagen. Jede Landesregierung, ob Grün, SPD oder Links sollte Flüchtlingskinder aufnehmen dürfen. In deren Verantwortung sollte der Bundesinnenminister nicht hereinreden. Natürlich sind auch die Gegenargumente zur Aufnahme dieser Kinder, ob aus Regierung, CDU/CSU und FDP, allein der Rhetorik geschuldet: Gesamtverantwortung Europas, Kinder in den anderen Flüchtlingslagern der Welt. Natürlich geht es um das Aufzeigen von „Klarer Kante“ und den Aufbau eines europäischen Drucks.
Was mich stört an dieser Diskussion, zwei Tage vor Weihnachten, ist diese verdammte Heuchelei. Seit Monaten ist die Entwicklung auf Lesbos erkennbar. Die Entwicklung des zunehmenden Flüchtlingsstroms aus Syrien über die Türkei. Schon vor Monaten waren die Verhältnisse unzumutbar. Auf Lesbos und an anderen Brennpunkten. Wenn am anderen Ende der Welt Naturkatastrophen menschliches Leid verursachen, 100.000e obdachlos werden, dann setzen sich aus vielen Ländern der Welt, mit Unterstützung der jeweiligen Regierungen, Geschwader von Flugzeugen mit Hilfsgütern, Zelten, Betten u.a. mehr in Bewegung – öffentlichkeitswirksam. Und wer will mir erklären, dass das nicht auch für das Flüchtlingsdrama in Griechenland möglich gewesen wäre? Europäisch, deutsch – auf jeden Fall früher und wirksamer.
Stattdessen: Betroffenheitsrhetorik kurz vor Weihnachten. Das passt doch gut zum gesinnungsethischen Aushängeschild einer Partei. Die Weihnachtsgeschichte von der Flüchtlingsfamilie aus Nazareth, die den kleinen Jesus in einem Stall in Bethlehem zur Welt bringen musste. Diese Weihnachtsgeschiche taucht dann nicht als Referenz, wenn helfendes Handeln vorher versäumt wurde. Wenn die Betroffenheitssprecher von heute quasi für das jetzt beklagte Leid mitverantwortlich sind. Wo waren die Initiativen der Aufnahmebefürworter in den Zeiten in denen man in Griechenland noch wirksam helfen konnte? Wo die parteipolitischen Pilgerströme, der sonst reisefreudigen Parlamentarier, zur griechischen Regierung und quer durch Europa, um eine konzertierte Hilfsaktion zu starten? Wo waren die Initiativen der jetzt so hilfreichen Landesregierungen? Wo die entsprechenden Anträge im Bundestag, den Landtagen und im Europaparlament? Es gab in den vergangenen Monaten nur halbherzige Bemühungen zur Befriedung der Lage. Und vor diesem Bild kollektiven Versagens wirken die moralischen Bemühungen mancher Politiker doch wohl eher scheinheilig und selbstbezogen.
Hilfe für Flüchtlinge, das ist eine etwas andere Weihnachtsgeschichte. Sie fängt bei der Verhinderung von Fluchtursachen an und hört bei effektivem, vorbeugendem Krisenmanagement noch lange nicht auf.