Opfertagebuch 07.01.22: Vater von Djokovic vergleicht Tennisstar mit Jesus

Opfertagebuch 07.01.22:  Vater von Djokovic vergleicht Tennisstar mit Jesus
Australien hat Novak Djokovic die Einreise verweigert. Nun will er gerichtlich gegen den Rauswurf vorgehen. Bild: pixabay

Eigentlich ein normaler Vorgang in diesen Corona-Zeiten: Die jeweiligen Einreiseländer geben Schutzbestimmungen für die Einreise in ihr Land aus. Daran haben sich dann die jeweils Einreisenden zu halten.  Das gilt auch für Australien, das in den vergangenen Monaten durch sehr restriktive Einreisebeschränkungen aufgefallen ist. In diesem Zusammenhang gab  es erhebliche Proteste, weil viele im Ausland lebende Angehörige ihre Eltern u.a. monatelang nicht besuchen durften.

Nun beginnen die Australian Open im Tennis. Und Djokovic will spielen, obwohl er offenkundig ungeimpft ist. Weil eine Impfung vor der Einreise, wie bei allen Einreisenden auch,  erforderlich ist, erwirkte der Serbe eine medizinische Ausnahmegenehmigung. Diese ist höchst umstritten, zumal der 34-Jährige bislang nicht offengelegt hat, mit welcher Begründung sie ihm erteilt wurde. Nur eine «Handvoll» von Tennisprofis habe eine solche Ausnahmegenehmigung erhalten, teilte Turnierchef Craig Tiley mit. Bei der Einreise stellten die Grenzschützer am Flughafen Melbourne aber fest, dass das Visum des Serben ungültig ist. Djokovic habe keine ausreichenden Belege vorgelegt, die ihn zur Einreise berechtigen, hieß es.

Wir alle sind nun  Opfer dieser sowohl physisch, seelisch wie sozial wirkenden  Pandemie. Zum Schutz vor Krankheit, Tod und Ansteckung erlassen Regierungen nun ihre Regeln. Dabei kommt es nicht nur im Fall Djokovic vor, dass von vielen Zeitgenossen nicht die durch Corona Infizierten als Opfer gesehen werden. Vielmehr empfinden Sie sich als Opfer staatlicher Regulierung, Gängelung und gar Freiheitsberaubung.

Eine gegenwärtige Spitzenposition in dieser virtuellen Opferzuschreibung nimmt derzeit wohl die Auseinandersetzung um die verhinderte Einreise von Novak Djokovic ein. Nicht nur der serbische Präsident, der wegen staatlicher Willkür gegen seinen prominenten Landsmann den australischen Botschafter einbestellt, sondern auch viele Fans sehen den Tennisstar als Opfer staatlicher Einflussnahme.  Eine besondere Sicht auf die Dinge hat wohl der Vater von Djokovic. Er vergleicht das Opferschicksal seines Sohnes  gleich mit dem Leiden von Jesus Christus.

Hierzu schrieb news.de am 07.01.22:

„Der Vater des an der Einreise nach Australien gehinderten Tennisstars Novak Djokovic hat seinen Sohn mit Jesus Christus verglichen. „Jesus wurde gekreuzigt, ihm wurde alles angetan, und er ertrug es und lebt immer noch unter uns“, sagte Srdjan Djokovic am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Belgrad. „Jetzt versuchen sie Novak auf die gleiche Weise zu kreuzigen und ihm alles anzutun.“

An der Pressekonferenz in Belgrad nahmen neben dem Vater weitere Familienangehörige teil. Sie fand im Restaurant „Novak 1“ statt, das dem Tennisspieler gehört. In seinen dramatischen Wortmeldungen stilisierte Srdjan Djokovic den Sohn zum „Freiheitskämpfer“.

„Novak ist Serbien, und Serbien ist Novak“, erklärte er. „Er wird kämpfen wie wir, und wie wir Serben zusammen mit dem ganzen Balkan.“ Djokovic sei „das Licht am Ende des Tunnels“ für die „Welt der Freiheit“. Diese werde nicht vom Westen gebildet, sondern von „sieben Milliarden Menschen“, die in Osteuropa, Russland, China, Lateinamerika und Afrika leben würden. In Australien sei Djokovic „im Gefängnis“, meinte der Senior. Man habe ihm alles abgenommen außer dem Mobiltelefon, er könne sich nicht umziehen und waschen. Er streite nicht nur für sich und Serbien, sondern führe „den Kampf von sieben Milliarden Menschen auf der Welt für Rede- und Meinungsfreiheit“.“

Hier wir das virtuelle Opfer Novac Djokovic, dem nichts anderes widerfährt als eine staatliche Kontrolle zum gesundheitlichen Schutz der australischen Bevölkerung, durch eine Opferüberhöhung mit dem Kreuzigungsgang von Jesus Christus gleichgestellt.  Da sitzt jemand mit einem sicherlich gut ausgestatteten Bankkonto in einem Hotel fest. Sicherlich in keiner Präsidentensuite. Ein ebenfalls festsitzender Tenniskollege fand in diesem Hotel keinen Grund zur Beschwerde. Und Djokovic erleidet, wie Jesus Christus, eine Kreuzigung.

Dieses Beispiel ist nicht nur wegen der fast unvorstellbaren Opferüberhöhung interessant. Vielmehr kann man an diesem Beispiel gut verdeutlichen, dass oft die vorher entwickelte Komfortzone darüber bestimmt ob sich jemand als Opfer fühlt oder nicht. Das Scannen der Wirklichkeit mit dieser vorhandenen Komfortzone bestimmt über den eingenommen Opferstatus. Was ist die Komfortzone bei Novac Djokovic, seiner Familie und seinen Fans?  Er ist der Held, der quasi Unantastbare, Gottesgleiche in seinem erfolgreichen Sport.  Derartige Menschen stehen außerhalb der irdischen Gerichtsbarkeit. Da wo sich irdische und dazu demokratisch legitimierte Autoritäten erdreisten dieses in Frage zu stellen, da mutieret Djukovic in seiner Komfortzone  zum „Licht am Ende des Tunnels“ für die „Welt der Freiheit“. Er ist somit nicht nur ein Opfer staatlicher Willkür sondern auch noch ein Freiheitskämpfer, der hier zum Märtyrer wird.

Was für eine Werteverschiebung, die offensichtlich in unserer freiheitlichen Welt offen gelebt und unsanktioniert praktiziert werden darf.  Nach der Devise:“ Was soll der Schutz von Millionen Menschen vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen, wenn es um das  Freiheitsverständnis eines sportlichen Helden und gefühlten Freiheitskämpfers geht?“ 

Nachtrag vom 11.01.22:  Inzwischen hat ein Gericht in Australien den Visa-Entzug aus formalen Gründen revidiert. Ob Djukovic bleiben und beim Turnier spielen darf steht allerdings noch nicht fest. Fest steht allerdings, dass eine gut vermittelte virtuelle Opfereigenschaft auch Gerichte beeinflussen kann. Eine Opfereigenschaft, die auf oberster Staatsebene zwischen den Regierungschefs behandelt worden ist hat mehr Gewicht als die Beeinträchtigung, die Tausende Australier erfahren mussten als sie mit gleichen oder ähnlichen Voraussetzungen ihre Familienangehörige nicht besuchen durften oder dürfen. Merke: Gut gemacht und gut positioniert lohnt es sich ein virtuelles Opfer zu sein.

 

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