Recklinghausen: Keine Schnellstraße zur Energiewende

Recklinghausen: Keine Schnellstraße zur Energiewende

Die Agentur für Erneuerbare Energien e.V. (AEE) zeichnet seit 2008 eine „Energie-Kommune des Monats“ (EKdM) aus.  Schaut man in Recklinghausen über den Tellerrand hinaus dann fällt auf, dass zwar Bonn, Herne, Reken, Oldenburg und Wuppertal diese begehrte Auszeichnung erhalten haben – Recklinghausen allerdings nicht.  Eine „Energie-Kommune“ schöpft die kommunalen Handlungsmöglichkeiten beim Ausbau der Erneuerbaren Energien aus. Dazu gehören nicht nur der Bau von Solar-, Biogas-, Windkraft-, Geothermie- und Wasserkraftanlagen. Es geht u.a. auch um Erstellung eines Energiekonzeptes für die jeweilige Stadt.

Die Rote Runde Extra, eine Zusammenschluss ehemaliger SPD-Kommunalpolitiker, hat  vor diesem Hintergrund mal einen  Recklinghäuser Innenblick gewagt.  Die offiziellen Verlautbarungen  aus dem Rathaus lassen vermuten,  dass  man sich in Recklinghausen geradezu auf einer Schnellstraße der Dekarbonisierung befindet.  Insbesondere die Grüne-Koalitionsfraktion mache sich nach Meinung von Walter Lehnert, ehem. SPD-Ratsmitglied, mit immer neuen Forderungen zur Energiewende bemerkbar. In der Praxis habe sich in den letzten Jahren allerdings nicht viel bewegt. Dadurch würde die  fehlende Platzierung der Agentur für  erneuerbare Energien leicht erklärbar.

So gibt es in Recklinghausen zwar die für die Energieversorgung zuständigen Stadtwerke. „In Wahrheit“, so Norbert Geidies von der Roten Runde, „sind diese Stadtwerke nur die verlängerte Ladentheke des Mitgesellschafters Gelsenwasser AG. Man kann von den Stadtwerken, wie in anderen Städten auch,  die Entwicklung und Umsetzung von Energiekonzepten erwarten. Dazu ist das gegenwärtige Konstrukt Stadtwerke aber gar nicht in der Lage. Es geht um die Frage,  welche Ziele für die Umrüstung auf erneuerbare Energien für Recklinghausen in welchen Zeiträumen, für welche Stadtteile und Siedlungsgebiete im Altbestand und bei Neuplanungen, mit welchen Hilfen für einzelne Bevölkerungsgruppen zu rechnen ist.“

Dazu gehört nach Auffassung der Senior-Sozialdemokraten die offensive Betrachtung des Recklinghäuser Fernwärmenetzes. Im Rahmen der bestehenden und möglichen Konzessions- bzw. Gestattungsverträgen habe die Stadt durchaus auch Gestaltungsmöglichkeiten. Wenn diese bislang nicht ausgeschöpft wurden, dann gelte es dieses so schnell wie möglich nachzuholen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Fernwärme eine der effizientesten Formen der Energiewende sein kann. Das gelte nicht nur für die Erschließung neuer oder Umrüstung bestehender Siedlungsgebiete. Mehr noch für  die Einflussnahme des Gestattungsgebers auf die Art der Energiegewinnung durch das in unserer Region dominante Energieunternehmen UNIPER.  Laut Ingrid Kahe, ehemalige SPD-Ratsfrau, „muß  die Frage gestellt werden, welche Anstrengungen die im  UNIPER-Netz liegenden Kommunen unternommen hat, dieses Unternehmen dazu zu bewegen ihre Fernwärmeversorgung nach und nach auf erneuerbare Energien umzustellen.“  Dass ein Großteil der Fernwärme der Region noch aus Kohle hergestellt würde sei gegenwärtig zwar kostenentlastend, mache aber deutlich, dass in der Vergangenheit nicht oder wenig an der Umrüstung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energie gearbeitet wurde.

Dabei bringen die Mitglieder der Roten Runde Extra auch die Geothermie ins Gespräch. Gerade für großflächige Wärmeprojekte sei die Nutzung von Erdwärme von  besonderer Bedeutung. Ebenso die Nutzung des wärmespeichernden Grubenwassers, für das die Ruhrkohle im Rahmen der Ewigkeitslasten eine Sicherungspflicht hat. Endsprechende Erkenntnisse lägen der Fraunhofer Einrichtung für Energieinfrastruktur und Geothermie in Bochum vor. Deprimierend sei es allerdings, dass man es über Jahre versäumt habe Großunternehmen wie UNIPER oder EON zu Forschung und Entwicklung alternativer Energien zu verpflichten. Erst jetzt, in der heraufziehenden Energiekrise würde mal wieder nach dem Staat gerufen.

Die ehemaligen sozialdemokratischen Mandatsträger wollen die Entwicklung in und um Recklinghausen, einschließlich der Entwicklung von Energiekonzepten, der Weiterentwicklung und der Energiewende bei der Fernwärme durch Geothermie,   weiter im Auge haben und sich nötigenfalls mit Anträgen an die jeweiligen Vertretungskörperschaften wenden.