Das Zuwanderungsmanagement verbessern: humanitäre Kontingente einrichten und Übergänge in den Arbeitsmarkt anbieten

Die ungesteuerte und teilweise unkontrollierte Zuwanderung einer großen Zahl von Flüchtlingen in den vergangenen Monaten hat nicht nur zu Akzeptanzproblemen und Unsicherheiten in der Bevölkerung geführt. Vielmehr wurde in Kenntnis des zunehmenden Flüchtlingsdrucks die Chance vertan, in einem zeitig aufgebauten potenzialorientiertem Aufnahmeverfahren Integrationschancen auszuloten und sie zeitnah zur Ankunft auch umzusetzen. Unabhängig davon war diese Situation für populistische Gruppierungen eine willkommene Munitionierung.
Vor diesem Hintergrund sollte die Bundesregierung – parallel zu den weiteren Bemühungen um einen europäischen Verteilungsmechanismus – humanitär orientierte Flüchtlingskontingente schaffen. Auf legalem Wege und ohne die Nutzung ausbeuterischer Schleppernetzwerke gelangte so eine flexibel zu bestimmende Gruppe von Fluchtmigranten nach Deutschland. Alternative, nicht reguläre Wege, würden so für die Schutzsuchenden weniger attraktiv. Zudem würden die wirklichen Schutzbedürftigen eine Perspektive erhalten und Familien zusammen bleiben können, was nebenbei die Befürchtungen zerstreuen würde, dass einzelne Fluchtmigranten den Familiennachzug erhöhen. Zusammen würde dies einen Anreiz für potentielle Flüchtlinge schaffen, legale Zuwanderungswege zu wählen.1)

Im Einzelnen sind folgende Schritte notwendig:

 Regierung und Parlament beschließen Flüchtlingskontingente für besonders schutzbedürftige Personengruppen, aktuell insbesondere für syrische Flüchtlinge. Die Aufnahme in die Kontingente ist bei den zuständigen Bundesbehörden oder Außenstellen der Botschaften zu beantragen. Genehmigungsfähig sind Anträge von Bürgerinnen und Bürgern mit nachweisbarer Identität. Antragsteller, die bereits den Weg des Asyls oder der direkten Aufnahme in Deutschland beschritten haben und im europäischen Ausland oder Deutschland registriert worden sind, haben keine Möglichkeit der Antragstellung.

 Die die jährlichen Höchstgrenzen übersteigenden Zahlen von Bewerbern kommen auf die Warteliste für das kommende Jahr oder in einen gesondert zu beschließenden Nachtrag. Im Lichte dieser Entwicklung können Regierung und Parlament die neuen Kontingentgrößen festlegen. Im gleichen Umfang können das Zuwanderungsmanagement und die mit den Zuwanderungszahlen korrespondierenden Integrationsleistungen beschlossen und organisiert werden.

 Genehmigungsfähige Kontingentflüchtlinge erwerben im Verlauf des Verfahrens ein Integrationspaket für Deutschland. Dieses enthält neben dem Zuweisungsort eine Übergangswohnung, vorbereitete Netzwerkkontakte u.a. zu Integrations- und Arbeitsplatzberatern sowie Informationen und Gutscheine für die Integrations- und Sprachförderung. Das Verfahren beinhaltet auch eine Potenzialanalyse zur Vorbereitung des Integrationspakets. Es ist zu prüfen, ob Antragstellern bestimmte Boni für die Zeit ihres Aufenthalts in der Türkei, Jordanien und Libanon bis zur Ausreise nach Deutschland eingeräumt werden können.

 Innereuropäische Vereinbarungen zur Regulierung der Fluchtmigration wie die Dublin-Verordnung sind de facto außer Kraft. Um eine Rückkehr zu rechtsstaatlichen Verfahren der Zuwanderung zu ermöglichen, müssen die Außengrenzen der Union effektiv gesichert werden. Darüber hinaus sollten die kooperationswilligen Mitgliedsstaaten gemeinsame Anstrengungen bei der Aufnahme und Integration von Migranten vereinbaren. Auf dem Weg zu einer verstärkten europäischen Kooperation kann es zur Umsetzung eines wirksamen Kontingentverfahrens notwendig werden, die deutschen Außengrenzen verstärkt zu kontrollieren.

 Zahleiche Migranten verfügen über berufliche Qualifikationen, die nach entsprechendem Spracherwerb eine zügige Integration in den Arbeitsmarkt erwarten lassen. Solchen Zuwanderern sollte bei einer Neuordnung des deutschen Einwanderungsrechts ein Übergang aus dem Asylsystem in einen arbeitsmarktorientierten Zuwanderungskanal ermöglicht werden, der sich primär an den ökonomischen und demografischen Interessen Deutschlands orientiert.

1) Diese Überlegungen schließen an die Ausführungen von Prof. Anna Lübbe an, vgl. „Den Familiennachzug für syrische Flüchtlinge aussetzen? In: Netzwerk Flüchtlingsnetzwerk, 23.11.2015, http://fluechtlingsforschung.net/die-angst-vor-der-syrischen-grosfamilie-familiennachzug-fur-syrer-aussetzen/