Jochen Welt fordert „Schutzimpfung“ gegen Radikalisierung
Wer der Agitation von Salafisten entgegenwirken will, muss jungen Flüchtlingen zuSprachförderung, Bildung und Arbeit verhelfen. Der ehemalige SPD-MdB und Aussiedleerbeauftragte Jochen Welt, sieht darin die einzig mögliche „Schutzimpfung“ gegen eine Radikalisierung junger Flüchtlinge. Jochen Welt war von 1998-2004 Bundesbeauftragter für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten und maßgeblich für die Integrationskonzepte der späten 90er Jahre verantwortlich.
Jochen Welt reagiert aufsich häufende Meldungen über Anwerbeversuche jungerFlüchtlinge durch radikale Islamisten. Weiter erklärt er:
„Dass mit steigenden Flüchtlingszahlen auch die Gefahr der Rekrutierung junger Salafisteneinhergeht, war hinlänglich bekannt. Dies jetzt zu beklagen, zeugt von wenig Weitsicht. Bereits vor dem Flüchtlingszustrom war eine steigende Tendenz erkennbar. Diese wird–ob mit oder ohne aktives Zutun von Salafisten-Werbe-Trupps–auf jeden Fall weiter steigen.
Entscheidend sind die Teilhabechancen in Beruf und Gesellschaft. Wer diese Chance nicht hat, sucht nach anderen Möglichkeiten der Selbstbestätigung. Hier können Salafisten wirksam„Beute machen“, wie Verfassungsschutzpräsident Maaßen es ausdrückt.
Zwar hat die Bundesregierung Programme gegen Radikalisierung aufgelegt, dabei aber wohl angesichts der Zunahme der Flüchtlingszahlen Ausmaß, Umfang, Inhalt und Timing aus dem Auge verloren. Doch die in diesen Programmen vielfach praktizierten „Komm-Strukturen“ genügen nicht mehr. Beratungsstellen einzurichten reicht nicht aus. Wir benötigen aufsuchende Arbeit durch Multiplikatoren aus entsprechenden Zuwanderer-oder Flüchtlingsgruppen. Es gilt, diesen Ansatz auch finanziell weiter zu verstärken.
Allerdings hilft eine sozialpädagogische Begleitung nur dann, wenn am „Ende des Tages“ auch eine gesellschaftliche und berufliche Perspektive erkennbar ist. Das gilt für Altzuwanderer ebenso wie für die jetzt ankommenden Flüchtlinge. Lange Monate, gar Jahre in Flüchtlingsheimen ohne berufliche Perspektive lassen ein Biotop für Resignation,
Kriminalität und Radikalisierung entstehen. Deshalb müssen die Aufnahmeverfahren nicht nur verkürzt, sondern gleichzeitig mit einem „PotenzialCheck“ gekoppelt werden verbunden wird. Kompetenzen
müssen umgehend gefördert werden, damit der schnelle und passgerechte Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt gelingt.